Eine Hommage an Willi Frommberger

von Freimut Eschner und Christoph Hellenbroich

Seit dem 2. April 1981 trägt das Gymnasium der Stadt Brühl den Namen des berühmten Künstlers Max Ernst.

Niemand zweifelt heute mehr an der Berechtigung dieser Namensgebung, niemand mehr an der einzigartigen Stellung, die Max Ernst in der Kunstwelt genießt, an seinem kunsthistorischen Rang, seinem Einfluss auf andere wichtige Künstler der Gegenwart. Lehrer und Schüler sind stolz auf den Namen dieser Schule, können sich mit diesem weltoffenen Geist identifizieren. Das Schulprogramm stellt die Gedanken öffnende Kreativität von Max Ernst ins Zentrum seiner Pädagogik.

Das war nicht immer so.

Schon 1964, bei der Grundsteinlegung für den Neubau des „Städtischen Gymnasiums“ am Rodderweg, stellte sich die Frage nach einer Individualisierung. Wie es ein damaliger Lehrer sagte, man wollte nicht in einer Reihe stehen mit der städtischen Müllabfuhr.

Auf der Suche nach Namensgebern wollte man damals eine berühmte Person würdigen und ehren, aber auch einen Bezug zu Brühl herstellen. Da kam von dem 1966 an das Gymnasium versetzten jungen Kunstlehrer Willi Frommberger der Vorschlag, Max Ernst auszuwählen: Max Ernst, in Brühl geboren, Schüler und Abiturient dieser Schule, ein inzwischen weltberühmter Künstler. Er stünde dieser Schule, deren Pädagogik damals von manchen mit dem Ausdruck „Kadettenanstalt des Vorgebirges“ umschrieben wurde, in der Zeit des Aufbruchs der 60-er Jahre gut an.

Aber wie unterschätzte Willi Frommberger die spannungsgeladene Beziehung von Max Ernst zu seiner Heimatstadt Brühl, die ihren Tiefpunkt sicher im Umgang der Stadtoberen mit einer Schenkung kurz nach dem Zweiten Weltkrieg hatte. Die Stadt hatte das Bild, um die defizitäre Ausstellung zum 60. Geburtstag des Künstlers zu kompensieren, für  800 $ verkauft, worauf Max Ernst die Ehrenbürgerwürde ablehnte. Der Streit wurde zwar 1971 offiziell beendet, aber die Verletzungen wirkten wohl nach.

Schnell kamen andere Vorschläge, und in der Öffentlichkeit, der Lehrer-  und Elternschaft wurde Stimmung gegen Max Ernst gemacht: er sei ein Vaterlandsverräter, mit seinen vier Ehen kein Vorbild für die Schüler, und überhaupt sei seine Kunst schrecklich. Von politisch anderer Seite kam der Vorwurf, er hätte seine erste Frau Luise Straus-Ernst, eine Jüdin, vor der Ermordung 1944 in Auschwitz retten können. Dieser Streit wurde nicht nur in der Schule, sondern auch in der Stadtöffentlichkeit ausgetragen.

Aber Willi Frommberger gab nicht so einfach auf. Er begeisterte seine Schüler für Max Ernst, organisierte mit seinem Leistungskurs Demonstrationen für Max Ernst, hielt bei Lehrerkonferenzen flammende Reden, in denen er deutlich machte, wie wichtig Max Ernst für die kreative Entwicklung dieser Schule sei. Und er brachte den Schulleiter Hans Adloff auf seine Seite, so dass in der entscheidenden Lehrerkonferenz im Herbst 1979 und dann auch im Stadtrat die Entscheidung für diesen Brühler Künstler als Namensgeber fiel. Am 2. April 1981, dem 90. Geburtstag von Max Ernst, wurde das Gymnasium in einem feierlichen Festakt nach seinem Namen benannt.

Diese Begeisterung für die Kunst im Allgemeinen und besonders für Max Ernst konnte Frommberger bei den folgenden Schülergenerationen aufrechterhalten, er war für die Schülerinnen und Schüler auch dadurch ein Vorbild im besten Sinne, dass er selbst als Künstler noch aktiv war, sein Atelier hatte, Ausstellungen organisierte; auch  seine Kurse ließ er ausstellen, sogar in Düsseldorf. Nicht zuletzt wurde auf seine Initiative hin auch der Loplop, die künstlerische Identifikationsfigur Max Ernsts, als weithin sichtbare Plastik auf dem Dach der Schule installiert.

Der vorbildlichen Künstlerpersönlichkeit Willi Frommberger ist es zu verdanken, dass das ehemalige städtische Gymnasium nun „Max-Ernst-Gymnasium“ heißt und der musische Bereich als Schwerpunkt der Schule auch im Schulprogramm und im Bewusstsein der Öffentlichkeit fest verankert ist.

Willi Frommberger ist am 23. Dezember 2020 im Alter von 84 Jahren verstorben.

 

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